Visionen fürs Lernen 2020! Im Kanton Zug beginnt die Zukunft -JETZT!

Am 29. Mai trafen sich alle Schulen der Sekundarstufe II des Kantons Zug zu einem ersten Schritt in Richtung Lernvisionen 2020. Ziele waren dabei einerseits die Sensibilisierung aufs Thema Lernen mit bzw. in neuen Medien sowie eine Vernetzung der Schulen des Kantons. Daraus sollte dann eine gemeinsame ICT-Strategie – oder besser P-ICT (pädagogische ICT) – für den Kanton entwickelt werden.

Mit Prof. Dr. Beat Döbeli, Dozent für Medienbildung und Informatikdidaktik an der PH Schwyz konnte ein ausgewiesener Fachmann gewonnen werden. Mit seinem anregenden Input zum Thema „Wie verändert die Digitalisieerung und Globalisierung die Schulen bis 2020“ setzte er einen fulminanten Start, der nicht nur motivierte, sondern auch schnell die richtigen und wichtigen Fragen in den Raum stellte.

Folgende 5 Thesen waren die Grundlage fürs Referat:

1. Es ist ein Leitmedienwechsel.

2. Wir benötigen informatisches Denken.

3. Es braucht verbindlich Medienkompetenz im Lehrplan 21.

4. 1:1 computing wird Alltag mit BYOD (Bring Your Own Device).

5. Wir sollten Kurzfristiges nicht über-, Langfristiges nicht unterschätzen.

1. Leitmedienwechsel

Die Digitalisierung ist Auslöser des Leitmedienwechsels, die hardwareseitige Konvergenz (1 Gerät kann alles) die Konkretisierung der neuen Lernformen. Die damit generierte Informationsflut setzt neue Kompetenzen voraus: Aus SammlerInnen werden medienkompetente FiltererInnen. Dabei sollte sich die Schule nicht als Konkurrentin zum Compter sehen (beim Automatisieren ist der Computer einfach besser!), sondern sich aufs Nichtautomatisierbare konzentrieren: Teamfähigkeit, Kreativität, Präsentationstechniken… Kurz: Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenzen! Eher als auf alles eine Antwort zu haben (Behaviorismus), sollten die Lernenden lernen, Fragen zu stellen. Dass man einen solchen Wandel noch nicht erreicht, indem man einfach alle Lernenden mit neuen Medien ausrüstet, scheint auf der Hand zu liegen. Doch es besteht die Gefahr, dass alte Paradigmen einfach in die neuen Medien übernommen werden. Döbeli plädiert dafür, dass mit den neuen Medien auch die Chancen für einen Lernkulturwandel genutzt werden.

2. Wir benötigen mehr informatisches (computational) Denken

Döbeli führt 6 Argumente an, welche uns von der Notwenigkeit informatischen  Denkens  überzeugen sollen.

1. Wissenschaftsargument: Informatik hat die Simulation als dritte wissenschaftliche Methode neben Theorie und Experiment hervorgebracht. Solche Simulationen prägen jedoch nicht nur die Wissenschaft, sondern auch unseren Alltag (Aschewolke, Schweinegrippe…)
2. Konzeptwissen: Informatikwissen hilft, die sich rasch verändernden ICT-Produkte zu verstehen und sie rascher produktiv zu nutzen.
3. Welterklärungsargument: Aufgabe der Allgemeinbildung ist es unter anderem, die Welt, zumindest in Ansätzen, begreifen und erklären zu können. Unser heutiger Alltag wird zunehmend von ICT durchdrungen.
4. Demokratieargument: Selbst die Demokratie macht sich ICT zu Nutze: Biometrische Pässe, e-Voting, e-Government, um nur einige wenige Stichworte zu nennen.
5. Berufswahlargument: SchülerInnen sollen in der Schule erfahren, was Informatik ist. Nur so besteht die Chance, dass sie einen Beruf in diesem Gebiet erlernen. (Döbeli steht diesem Argument jedoch kritisch gegenüber.)
6. Problemlöseargument: Grundkonzepte der Informatik sind hilfreich beim analytischen Denken und Lösen von Problemen, und zwar über die Informatik hinaus. Auch hier ist Döbeli kritisch, da dieses Argument wissenschaftlich nicht belegt ist. Elsbeth Stern stellt sogar fest, dass ein Wissenstransfer nur bedingt stattfindet.

3. Es braucht verbindliche Medienkompetenz im Lehrplan 21

Digitale Medien prägen unser Leben. So muss sich auch die Schule mit diesen Medien auseinandersetzen. Der Lehrplan 21 wäre eine Chance, diese Forderung nachhaltig zu erfüllen. Allerdings fehlt die Verbindlichkeit für diese Leistungsziel noch zum grössten Teil.

Das will skill tool – Modell erklärt, was es braucht, damit eine Lehrperson ICT im Unterricht umsetzt: Sie muss es wollen und überzeugt sein davon, die Kompetenz und die entsprechenden Tools haben, ICT auch tatsächlich umzusetzen. Doch es darf zu Recht gefragt werden, weshalb schon im Kindergarten und in der Primarschule ICT im Unterricht eingesetzt werden soll:
Lernargument (Mediendidaktik, ICT=Werkzeug)
Lebensweltargument (ICT = Thema)
Zukunftsargument (Employability)
Effizienzargument (Ökonomie)

4. 1:1 Computing wird Alltag mit Bring Your Own Device

Schon Alan Kay prophezeihte 1972: Jeder wird seinen eigenen Computer haben! Ihm schwebte bereits damals eine Art Tablet PC vor. Heute gibt es bereits einige erfolgreiche Projekte, in denen iPhones oder Tablets zur persönlichen Lernumgebung PLE gehören.

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=7OLANLMEsm0]

Und hier findet man noch mehr 1:1-Projekte: www.1to1learning.ch

5. Wir sollten Kurzfristiges nicht über-, Langfristiges nicht unterschätzen.

Klar: Tablets sind ein Hype! Nur: Wie wirkungsvoll sind sie tatsächlich fürs Lernen in der Schule? Da wird sich wohl nach dem Hype erst mal noch etwas Ernüchterung breit machen…

Nicht aufzuhalten ist aber die Tendenz, dass jede Lernende und jeder Lernende sein eigenes mobiles Gerät zum Lernen mitbringen und nutzen wird. Je besser wir Lehrpersonen darauf vorbereitet sind, umso grösser die Chance, dass ein echter Lerngewinn für alle möglich wird!

Die VertreterInnen der Schulen und der Ämter waren sich auf jeden Fall einig: Der Kanton Zug soll gut vorbereitet sein und seinem Ruf, einer der innovativsten Kantone zu sein, gerecht werden!

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